Antennen in der Nachbarschaft
Viele stören sich an den Mobilfunkantennen in der Nachbarschaft. Nicht nur weil diese nicht schön anzusehen sind, sondern weil sie davon gesundheitliche Risiken und Beeinträchtigungen fürchten.
Ein Gespräch bezüglich möglicher Gefahren mit dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Antennen stehen, bringt meist keinen Erfolg. Einerseits weil diese durch langfristige Verträge mit den Mobilfunkbetreibern gebunden sind, andererseits aber auch ein finanzielles Interesse daran haben. Denn je nach Lage wird die Aufstellung sehr gut bezahlt. In funktechnisch günstigen Innenstadtlagen gibt es dafür auch schon mal mehrere zehntausend Euro pro Jahr!
Es gibt aber eine andere Möglichkeit, wie die Frage nach der Zulässigkeit und der Haftung.
Solange die Grenzwerte der Verordnung über elektromagnetische Felder, die 26. BImSchV, eingehalten werden, haben derzeit weder Mieter noch Nachbarn rechtliche eine vernünftige Aussicht auf Erfolg bei bestehenden Anlagen. Denn diese Verordnung ist laut BGH maßgeblich und es wurde bisher auch entsprechend entschieden (VIII ZR 74/05).
Aufgrund dieser bisherigen Rechtsprechung sollte sich aber niemand allzu sehr in Sicherheit wiegen. Denn die Grenzwerte und Annahmen der BImSchV stehen in der Kritik. Sollte es hier eine Änderung oder andere Einschätzung geben, dann fallen die nächsten Urteile ganz anders aus.
Voraussetzungen zur Aufstellung von Mobilfunkantennen
Ob und wo eine Mobilfunkantenne aufgestellt werden darf hängt von Bauordnungs- und Bauplanungsrecht ab. Nach dem meist auf Landesebene geregelt Bauordnungsrecht sind Anlagen häufig genehmigungsfrei, solange ihre Höhe maximal zehn Meter beträgt.
Nach dem Bauplanungsrecht können aber Gründe gegen die Installation sprechen. Zum Beispiel wenn die Antenne das Stadtbild verändert. So hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg die „städtebauliche Gestalt“ durch einen 3,45 Meter hohen Antennenmast auf einem 1908 erbauten zweigeschossigen Stadthaus als beeinträchtigt angesehen und dessen Aufstellung untersagt (2 Bf 215/13.Z).
Bezüglich der Aufstellung von Antennen auf einem Objekt mit Eigentumswohnungen hat sich die Rechtsprechung schon seit einigen Jahren geändert. Bei einem WEG-Objekt reicht ein Mehrheitsbeschluss nicht mehr, der Aufstellung einer Mobilfunkantenne müssen alle WEG-Miteigentümer zustimmen. Der Beschluss dazu muss also einstimmig sein laut Entscheid des BGH (V ZR 48/13).
Haftungsrechtliche Aspekte
“Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.” BGB § 823 (1)
Dabei gilt das Verursacherprinzip. So haftet der Eigentümer eines Grundstückes gegenüber Dritten für Schäden, die von seinem Grundstück ausgehen. Betroffene können also außer dem materiellen Schaden durch Wertverlust ihrer Immobilie auch den persönlichen Schaden durch eventuelle gesundheitliche Folgen zivilrechtlich einklagen. Was wie oben erläutert im Moment (noch) wenig Aussicht auf Erfolg hat.
Vertraglich stellen die Mobilfunkbetreibergesellschaften den Grundstückseigentümer im Innenverhältnis je nach dessen Verhandlungsgeschick von der Haftung frei. Was aber keinen Einfluss auf seine grundsätzliche Haftungsverpflichtung hat. Er kann ggf. nur die Betreiber bei Schadensersatzansprüchen in Regress nehmen. Das nutzt dem Grundstückseigentümer aber nur etwas, wenn der Mobilfunkbetreiber dann auch in der Lage ist die Schadensersatzzahlungen zu leisten. Also entsprechendes Vermögen oder Rücklagen dafür beim Mobilfunkbetreiber vorhanden sind. Denn versichern kann er die Risiken nicht, wie wir weiter unten noch sehen werden.
Da zur Bildung von Rücklagen jedoch keine gesetzlich Pflicht für derartige Fälle besteht, gibt es diese nötigen Rücklagen in der Praxis auch nicht.
Hinzu kommt, dass die Aufstellung der Antennen und damit auch die Verträge häufig über eine Betriebs-GmbH der Mobilfunkbetreiber mit minimaler Haftungssumme erfolgt. Sollten sich die Grenzwerte oder die Rechtsprechung ändern und eine Schadenersatzpflicht anerkannt werden, sind diese vermutlich beim ersten schadensersatzpflichtigen Fall insolvent. Womit wieder der Grundstückseigentümer mit seinem gesamten Vermögen für den Schaden gerade stehen muss.
Bereits 1999 hat das Schweizer Bundesamt für Bauten und Logistik den Mobilfunkbetreibergesellschaften mitgeteilt, dass Liegenschaften des Bundes für Sendestationen wegen der zu erwartenden Regressforderungen von eventuell Geschädigten nicht zur Verfügung stehen. Quelle: SPD Altenriet, die auch auf den Wertverlust der Immobilien hingewiesen hat.
Versicherungsrechtliche Aspekte
Der Rückversicherer Swiss-Re stuft Mobilfunk seit Jahren in die Klasse mit dem höchsten Risiko ein und warnt vor “unvorhersehbaren Folgen elektromagnetischer Felder”.
Bereits 2004 gab es Berichte, dass die Mobilfunkbetreiber nicht mehr gegen Schäden versichert werden. Viele Versicherer halten mögliche Schadenersatzklagen wegen unabschätzbaren Gesundheitsgefahren für ein zu hohes Risiko: Versicherer schließen Haftung für Mobilfunk-Risiken aus.
Hier als ein Beispiel die Vertragsbedingungen der Zürich-Versicherung für ihre Betriebshaftpflicht-Versicherung:
4. Allgemeine Ausschlüsse: “Art. 4.18 Elektromagnetische Felder/Interferenzen
Ansprüche aus Schäden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einwirkung von elektromagnetischen Feldern (EMF) sowie elektromagnetischen Interferenzen (EMI) stehen.
Fazit
Versicherungen und Schweizer Behörden stufen Mobilfunkstrahlung als unkalkulierbares Risiko ein. Was auf jeden Fall schon mal zu denken geben sollte. Auch wenn es im Moment aufgrund der weltweit höchsten Grenzwerte in Deutschland unwahrscheinlich erscheint, dass ein deutsches Gericht einen Schadensfall anerkennt – unmöglich ist es nicht. Viele Schadenersatzprozesse gegen die Pharmaindustrie zeigen, dass auch bei zugelassenen Medikamenten sich bei neuen Erkenntnissen die Rechtsprechung sehr schnell deutlich wandeln kann. Was gerade mit der Einführung eines neuen Standards wie jetzt mit 5G passieren kann. Von daher sollte sich auch jeder gut überlegen, ob er sein Grundstück, bzw. Haus für die Aufstellung einer Mobilfunkantenne zur Verfügung stellt. Nicht nur wegen der finanziellen Haftung, sondern auch ob er seine Nachbarn diesem Risiko aussetzen möchte.
Wer keine solche Antenne in der Nachbarschaft möchte, der sollte frühzeitig den Eigentümer auf seine Haftungsproblematik ansprechen. Diese ist den wenigsten bewusst! Ebenso wie kaum einem Miteigentümer eines WEG-Objektes seine Widerspruchsmöglichkeiten bekannt sind.
Auch falls schon eine Antenne auf einem Grundstück oder Dach steht, jetzt ist eine gute Gelegenheit. Denn viele Mobilfunkgesellschaften legen den Eigentümern derzeit neue Verträge mit der Erweiterung für 5G vor. Wenn diese erst mal unterschrieben sind, ist es viel schwerer aus diesen wieder heraus zu kommen.
Just do it! Es lohnt sich für unser aller Gesundheit!
Danke für die Infos, vor allem was die Weg betrifft.
Wenn diejlenigen, die mit $-Zeichen in den Augen gerne eine Sendeanlage auf ihrem Eigentum aufstellen möchten, über die Risiken bezüglich Schadensersatz Bescheid wissen, werden sie sich das sicher zweimal überlegen, ob die finanziellen Versprechungen der Mobilfunkbetreiber es wert sin, ein solches Risiko einzugehen.